Matthias Lepschi

  

Reisen
Über mich
Page in English
Nach oben


  Grönland 2017

   Vom Knud-Rasmussen-Gletscher zum Johan-Petersen-Fjord


Die Abbruchkante des Knud-Rasmussen-Gletschers ist ein imposanter Anblick. Stark zerklüftet und in allen möglichen Farben zwischen Weiß, Blau und Grau - so etwas sieht man nicht alle Tage...

Wir bauen das Lager in unmittelbarer Nähe zur Gletscherzunge auf. Dadurch bekommen wir die stete Veränderung des Eises hautnah mit. Im Viertelstunden-Takt donnert es von der Gletscherkante zu uns herüber, weil immer wieder größere Eisbrocken in das Wasser abbrechen.

Am nächsten Tag machen wir uns zu einer Wanderung auf den Hausberg über dem Lager auf. Wir gewinnen fantastische Tiefblicke auf Gletscher und Fjord.

Die instabile Gletscherzunge

Der Knud-Rasmussen-Gletscher

Aufsteig über ein Schneefeld

Schließlich erreichen wir an einem exponierten Rücken die höchste Stelle der Tour, wohl auf etwa 950 Meter über dem Meer.
Wieder haben wir eine in alle Richtungen fantastische Aussicht, wie das Panoramabild zeigt (zum Vergrößern anklicken).

Angekommen!

Im Abstieg verbessert sich das graue Wetter noch einmal, und wir sehen unser Lager rechts klein und verloren neben dem gewaltigen Gletscher.

Spiegelung im glatten Wasser

Kirchtürme aus Eis.

Nach der Wanderung beschließe ich, den schönen Nachmittag noch zu einer Katzenwäsche an einem kleinen Schmelzwassersee etwa zehn Meter über dem Meeresspiegel zu nutzen. Mit großer Überwindung bringe ich es fertig, sogar meine Haare auszuspülen, auch wenn mir die Kälte beinahe den Schädel explodieren lässt. Als ich meinen Kopf abtrockne, reißt mich ein anhaltendes lautes Donnern aus den Gedanken. Sofort schaue ich in Richtung der Abbruchkante und suche die Quelle des Geräusches: Ein paar kirchturmhohe Eisspitzen brechen ab und kippen mit gewaltiger Geräuschentwicklung ins Wasser. Die Gischt spritzt in riesigen Fontänen in alle Richtungen davon. Ich wundere mich, daß das dumpfe Grollen auch nach dem Kollaps der Türme nicht aufhört - und dann fallen mir beinahe die Augen aus dem Kopf: Ein riesiger Eisberg kommt wie ein gewaltiges Ungetüm langsam vor dem Gletscher an die Oberfläche aufgetaucht. Das Wasser fließt wie eine riesige grün-blaue Welle in Zeitlupe von den Seiten des aufgetauchten Berges ins Meer. Der etwa 100 Meter lange Koloss muß der im Wasser verborgene Teil der Kirchturmspitzen gewesen sein, die abgebrochen sind. Die schiere Größe des Eisbergs und Gewaltigkeit des Abbruchs lassen meine Gedanken aussetzen; ich kann das Gesehene in den ersten Sekunden nicht fassen, geschweige denn sinnvoll einordnen. Nach ein paar Momenten bin ich jedoch wieder bei mir, und beim Anblick der großen Wellen, die von dem Abbruch jetzt in den Fjord loslaufen, wird mir schlagartig klar, daß ich mich vielleicht besser schnell an einen höhergelegenen Ort begeben sollte. Ich packe hastig meine sieben Sachen und beeile mich, etwas Höhe zu gewinnen. Nach ich zwanzig zusätzlichen Höhenmeter gewonnen habe, erreichen die ersten Wellen die Stelle unterhalb meines Waschweihers - ich schätze sie auf etwa drei Meter ein. Den kleinen Sees erreichen sie Gott sei dank nicht - also wäre ich auch dort unten wohl nicht gefährdet gewesen. Trotzdem bin ich durch das Ereignis in Bezug auf Flutwellen und Tsunamis nun ganz anders sensibilisiert.

Auch im höhergelegenen Lager wurde der Abbruch natürlich mit voller Aufmerksamkeit verfolgt. So ein gewaltiges Schauspiel bekommt man nun wirklich nicht alle Tage zu sehen!



Nach dieser Galavorstellung der Natur klingt der Nachmittag perfekt aus.

Impressionen

Phototermin am Ufer

Grönland!

Unser Zelt an einem der schönsten Lagerplätze, die ich bislang kennengelernt habe

Am Abend bekommen wir Besuch von einem Polarfuchs - etwa in Bildmitte verschwommen zu erkennen. Meister Reinecke inspiziert unser Lager und sucht nach Essbarem.

Direkt am Ufer fallen bei Ebbe die kleineren Eisbrocken auf Land und laden zu eine Spaziergang zwischen ihnen ein.

Übrigens: Kleinere dieser Brocken eignen sich hervorragend zur Verwendung als Eiswürfel für einen hochprozentigen Sundowner. Der großartige Tag wird dadurch würdig verabschiedet!

Am nächsten Tag erreicht uns eine Schlechtwetterfront - es nieselt, und die Wolken hängen tief über dem Gletscher. Wir unternehmen trotzdem eine Wanderung zum Gletscher, und sehen uns das zerklüftete Eis aus der Nähe an. Neben den titanischen Formationen nehmen wir uns wie Ameisen aus.

   Die Fahrt zum Johan-Petersen-Fjord


Am darauffolgenden Tag werden wir wieder von den roten Wassertaxis abgeholt. Das Wetter hat sich leider auch über Nacht nicht gebessert.

Durch den gewaltigen Abbruch samt vieler kleinerer Abbrüche ist nun der ganze Fjord von kleinen und mittleren Eisbergen übersät. Lange Zeit sind wir uns nicht sicher, ob die Boote überhaupt durch dieses kalte Gemenge zu uns durchkommen können - umso mehr freuen wir uns, als sie endlich auftauchen. Wir beladen sie - immer mit einem Auge am Gletscher. Einen weiteren großen Abbruch könnten wir jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Die ganze Ausrüstung würde weggespült, und schlimmstenfalls könnten auch die Boote kentern.

Glücklicherweise gibt es während der Beladung nur kleinere Abbrüche. Wir legen von diesem sehr speziellen Ort ab, und manövrieren in langsamer Fahrt etwa anderthalb Kilometer lang durch die dichten Eisschollen, bis wir wieder offenes Wasser erreichen. In leichtem Nieselregen geht es in ungemütlicher Kälte nun weiter zur kleinen Siedlung Quernertivartivit.

Dort können wir im Hafen von einem Fischer unser Abendessen einkaufen. Den etwa halben Meter großen Fisch bekommen wir noch an Ort und Stelle ausgenommen. Außerdem stürmen wir noch den örtlichen kleinen Supermarkt - der ist nämlich schön geheizt. Nachdem ein erkleckliches Maß an Geld in Schokolade und Bier umgesetzt ist, geht es auf den Booten weiter nach Tinitequilaq. Zwei Minuten nach dem Ablegen bemerke ich siedendheiß, daß der Sixpack Bier, den ich gekauft habe, noch am Hafen steht. Ich könnte mir wegen dieser Dummheit in den Hintern beißen. Glücklicherweise lässt sich unser Bootsführer dazu überreden, noch einmal umzudrehen. Bei der Einfahrt in den Hafen winken uns bereits drei Inuit lachend zu und schwenken den Sixpack! Sie hatten vermutet, daß wir gleich nochmal auftauchen würden und das kostbare Nass abholen würden. Sie werfen mir das Bier zu, und ich bedanke mich mit einem dicken Grinsen im Gesicht. Weiter geht es nach Tinit!

Während die Boote in Tinit neuen Treibstoff an Bord nehmen, sehen wir uns kurz im Ort um.

Hinter dem kleinen Dorf ist bereits der Sermilik-Fjord zu sehen, den wir im Anschluss durchqueren werden. Er ist übersät mit Eisbergen.

An einer Dörre sehen wir ein paar Fische, und unter der grünen Plane sogar ein Eisbärfell.

Der kleine Hafen von Tinit.

Bootsfahrt durch den Sermilik-Fjord - Slalom zwischen Eisbergen

Nach Überquerung des Sermilik-Fjords schlagen wir am Ufer des Johan-Petersen-Fjords unser Lager auf. Wir müssen die noch vom Regen der letzten Tage feuchten Zelte in weiterem Nieselregen aufbauen - unangenehm, aber unumgehbar. Immerhin bekommen wir nach dem Aufbau noch eine Besonderheit frei haus: Ein Wal schwimmt am Lager vorbei; wir werden durch das Blas-Geräusch auf ihn aufmerksam.

Nebelige Stimmung mit Eisbergen in allen Formen

Caspar David Friedrich auf grönländisch

Auch am nächsten Tag haben wir kein Glück mit dem Wetter. Es nieselt weiter, und die Wolken verhindern, daß wir irgendwas von den Bergen um uns herum mitbekommen.

Mysteriöse Abendstimmung

Immerhin hellt es am Abend auf, und wir bekommen Hoffnung, daß die für den kommenden Tag vorgesehene Tour zum Inlandseis vielleicht doch stattfinden kann.

Ein erster Blick auf das Inlandseis

    Weiter zum Abschnitt 3