Matthias Lepschi

  

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USA 2015: Snowboarden in den Rocky Mountains

Breckenridge, Keystone, Beaver Creek und Vail

Nach dreissig Jahren Wintersport in good ol' Europe war es 2015 endlich soweit: Es ging zum Brettfahren über den großen Teich in die Rocky Mountains nach Colorado, USA. Jahrelang hatten mich die Hochglanzbilder diverser Snowboard-Magazine gelockt, ganz zu schweigen von den Geschichten derer, die schon mal drüben waren. Dem entsprechend waren die Erwartungen natürlich hoch...
Zehn Tage lang haben wir die Pisten in den Rocky Mountains in den Gebieten Breckenridge, Keystone, Vail und Beaver Creek testen können - im Folgenden ein paar Bilder und Eindrücke dazu.


Erste Station der Reise war Breckenridge; ein kleines Städchen in einer Meereshöhe von knapp dreitausend Metern - also etwa wie der Zugspitzgipfel. Der abrupte Wechsel von Münchner Höhe nach Breckenridge führte wenig überraschend bei den meisten zu Schädelbrummen und Kurzatmigkeit. Die ersten zwei Tage waren dem entsprechend durchaus anstrengend...

Das Skigebiet selber ist sehr weitläufig und beeindruckt durch eine Vielzahl von Abfahrtsmöglichkeiten. Die Pisten sind deutlich breiter als in den europäischen Gebieten - oft allerdings auch flacher. In den mittleren Bereichen (im Bild nebenan deutlich als weiße Streifen im Wald zu erkennen) finden sich allerdings einige traumhafte Abfahrten, bei denen nichts zu Wünschen übrig bleibt.

Hier der Blick von oben hinunter ins Skigebiet und den Ort.

In Breckenridge findet sich dem Schild nach auch der höchste Lift in Nordamerika. Vom Ausstieg des Imperial Express steigen die meisten Passagiere zu Fuß noch ein paar Höhenmeter weiter auf und die Grate entlang weiter - von dort geht es in zahllosen Varianten über unpräpariertes Gelände wieder hinunter zur Baumgrenze und den präparierten Pisten. Das Fahren in diesem Backcountry ist im Gegensatz zu den europäischen Gebieten, die ich kenne, offiziell erlaubt und stellt einen ganz besonderen Reiz dar.

Eine grosse Überraschung sind die Liftanlagen, die wir in den USA angetroffen haben. Abgebildeter Independence Super Chair ist ein Sechser-Sessel ohne Haube - und damit sind wir im Wesentlichen schon an der technischen Spitze... Ich hatte den Eindruck, daß die Lifttechnik in etwa zwanzig Jahre hinter der europäischen Technik zurückhängt. Vor dem Hintergrund, daß eine Tageskarte je nach Gebiet zwischen 100 und 140 US-Dollar kostet, stellt man sich als Europäer die Frage, für was genau man denn sein Geld ausgegeben hat.

Eine Warming Hut, unbewirtschaftet und mit Plumpsklo - aber natürlich mit den Stars and Stripes! Außerdem befindet sich ein Stützpunkt der örtlichen Pistenwache darin. Nach der ersten Überraschung, daß hier niemand versucht, mit Speis und Trank ein Geschäft zu machen, bleibt jedoch ein gutes Gefühl zurück. In Europa gibt es viel zu viele Hütten und Restaurantbetriebe in den Skigebieten - wenig überraschend sind auch viel zu viele Menschen in den Gebieten, denen es nicht wirklich ums Fahren geht, sondern um die eigene Komfortzone. Hier kann sich Europa eine Scheibe abschneiden.

Das Lob kaum ausgesprochen hier der Dämpfer: In der Hütte findet man die unvermeidlichen Automaten mit eisgekühlten Soft- und Energydrinks...

Der E-Chair Zweier-Sessellift in Breckenridge - ohne Fußrasten.

...und hier der Drink Water Zweier-Sessellift in Beaver Creek. Da wird einem schon etwas nostalgisch ums Herz!

Blick über die Centennial-Piste und den Ort Beaver Creek. Im vergleich zu Breckenridge ist Beaver Creek etwas kleiner, aber deutlich steiler. Es gibt mehrere längere, fantastische Pisten, die das Fahren zu einem echten Genuss machen!

Morgenstimmung in Keystone etwa eine halbe Stunde autofahrt von Breckenridge entfernt. Das Gebiet ist zwar deutlich kleiner als Breckenridge, aber definitiv einen Besuch wert. Auch hier finden sich sehr schöne lange und abwechslungsreiche Pisten. Außerdem gibt es mehrmals in der Woche Nachtskilauf.

Blick von Keystone nach Breckenridge. Im Hintergrund ist die Größe des Skigebietes von Breckenridge gut zu erkennen.

Winterstimmung in Keystone. Das Thema Schneesicherheit ist zwar auch in den Rockies aktuell (trotz der großen Höhe werden Schneekanonen eingesetzt), hat aber bei weitem nicht die Brisanz wie hier in Europa. Pro Winter fallen etwa 6 bis 10 Meter Schnee.

Im Talort Keystone. Untertags herrscht meist trockene Kälte - ideale Bedingungen für Eisschnitzer.

Keystone Center

Nette Idee: Mit den Wägen kann man seine Ausrüstung vom Lift zum Auto transportieren.

Vail, Blick zu den Back Bowls. Für Vail nimmt man sich besser zwei bis drei Tage Zeit - allein die präparierten Pisten erfordern mehr als einen Tag. Nimmt man sich noch die Varianten in den Back Bowls vor, braucht man in etwa noch einmal so lange. In den benachbarten Gebieten Vail und Beaver Creek kann man mit Sicherheit sieben oder acht Tage zubringen, ohne daß es einem langweilig wird.

Der Zubringer zur Two Elk Lodge in Vail - mindestens 20 Meter breit.

Energieknappheit? Nicht in Amerika! Hier in Örtchen Silverthorne ein gasbetriebenes Lagerfeuer im Freien bei Minus zehn Grad - und ohne Besucher.

...und hier in etwas edlerer Ausführung in Beaver Creek. Warum soll man nach innen gehen um sich aufzuwärmen, wenn die Heizung doch auch ins Freie kann?

Pulvertag in Beaver Creek



So sieht der Winter aus.

Perfect Day

Das Thema Alkohol ist in Colorado klar geregelt - scheint es zumindest. In den bewirtschafteten Hütten ist Alkohol ohne Probleme zu bekommen, im Freien darf er jedoch nicht getrunken werden. Generell habe ich in Colorado viel weniger alkoholisierte Fahrer bemerkt als in Europa (mit Schaudern denke ich an Ischgl...). Auch hier können sich die europäischen Gebiete eine Scheibe abschneiden!

Welche Erkenntnis bleibt nach den zehn Tagen Skiurlaub in Colorado? Skifahren und Snowboarden in den Rockies unterscheiden sich vom Fahren in Europa. Der größte und angenehmste Unterschied: Es ist deutlich weniger auf den Pisten los als in Europa. Dies liegt zum Teil daran, daß die Preise für Liftkarten mehr als doppelt so hoch sind wie hier bei uns. Zum anderen haben die Amerikaner deutlich weniger Urlaub und dadurch weniger Möglichkeiten auf die Piste zu gehen. Aber auch die Philosophie bei der Pistenbearbeitung ist eine andere: Während in Europa die meisten Pisten eines Gebietes über Nacht hergerichtet werden und am nächsten Tag in klinisch perfektem Zustand sind, passiert dies in USA nur bei vielleicht der Hälfte der Pisten. Die anderen Abfahrten bleiben dann unpräpariert als Buckelpisten bestehen - zum Guten wie zum Schlechten. In den meisten Skigebieten gibt es daher "grooming reports", auf denen abzulesen ist, welche Pisten frisch präpariert sind und welche eher herb zu Fahren sind. Außerdem gibt es in USA einen relativ großen Anteil an komplett unpräparierten Pisten, was in meinem Augen eine willkommene Abwechslung und einen Abenteuerfaktor darstellt, der bei uns in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen ist.

Alles in allem: Die zehn Tage Snowboarden waren auch in ihrer Länge eine lohnende Angelegenheit. Wem sich die Möglichkeit bietet, in den Rockies fahren zu gehen, der tue dies!