Matthias Lepschi


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Bergwinter 2021/22 - Abschnitt 3

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Skidurchquerung im Ötztal: Venter Runde


Nach dem dringend nötigen Schneefall steigen unsere Chancen, die anvisierte Skidurchquerung der Ötztaler auf der Venter Runde durchführen zu können. Tatsächlich können wir - eine Gruppe von 12 Tourengehern unter der kompetenten Führung der beiden Bergführer Andreas Steger und Peppi Fütterer - von Vent aus vom ersten Meter an auf Ski in Richtung Martin-Busch-Hütte ansteigen.

Daß die Schneesituation dennoch grenzwertig dünn ist, wird beim Blick in die Seitentäler sichtbar. Wir sind gespannt, ob wir überall auf der auf insgesamt fünf Tage angelegten Tour wie geplant durchkommen werden.

Nach der Nacht auf der Martin-Busch-Hütte erwartet uns ein zunächst kühler Anstieg hinauf zur Similaun-Hütte, die wir jedoch rechts liegen lassen, um erst dem namensgebendem Gipfel einen Besuch abzustatten.

Nach einem schönen und unschwierigen Anstieg stehen wir auf dem ersten Gipfel der Rundtour und freuen uns an den gewaltigen Rundumsichten bei bestem Wetter.

Unter dem tiefblauen Himmel sind die Berge zwar noch angezuckert, die Täler darunter jedoch schon in fester Hand des Frühjahrs.

Nach dem obligaten Gipfelphoto geht es über durchwachsenen Schnee hinunter zur Similaun-Hütte zum wohlverdienten Mittagessen. In der zweiten Tageshälfte vergießen wir dann noch einmal viel Schweiß beim Aufstieg in das Hauslabjoch in praller Sonne. Danach rutschen wir vorsichtig in das Schnalstaler Gletscherskigebiet hinab und weiter zu unserer zweiten Unterkunft, der Bellavista-Hütte.

Vor der Hütte entsteht am nächsten Morgen nebenstehendes Bild. Anders als ursprünglich geplant steigen wir von unserer Unterkunft nicht direkt zum Hinteren Eis auf - denn von dort wäre der übliche Übergang zum Hintereisferner aufgrund der schwachen Schneelage nicht mehr möglich. Stattdessen fahren wir zunächst zu einem Sessellift des Schnalstaler Gebietes, der uns gemütlich unter das Teufelsegg hinaufschippert. Die letzten Meter zum Grat geht es dann wieder schweißtreibend zu Ski hinauf, ehe wir oben die Ski an den Rucksack nehmen müssen: Die ersten dreißig Höhenmeter hinunter zum Gletscher sind durchaus kitzlig-steiles Gestapfe im gemischten Gelände. Hier möchte niemand ausrutschen!

Im Rückblick ist der heikle Abstieg knapp links der Bildmitte des nebenstehenden Bildes zu erahnen - dort, wo der Schnee am weitesten zum Kamm hinragt und die Abfahrtsspuren beginnen. Danach fahren wir vorsichtig zum Gletscher hinab und fellen für die Weißkugel wieder an.

Nach schönem Steigen erreichen wir das Hintereisjoch mit seinem riesigen Windkolk und gönnen uns dort eine verdiente Pause. Über der Wächte können wir bereits den Weiterweg einsehen: Der steile Hang ist perfekt aufgefirnt und stellt und daher vor keine technischen Probleme; wir können mit den Ski aufsteigen und müssen nicht auf Steigeisen wechseln.

Am Skigipfel der Weißkugel angekommen machen wir das Skidepot und legen für die letzten Meter zum Gipfel über den teilweise ausgesetzten Gipfelgrat die Steigeisen an. Dann geht es am kurzen Seil hinüber zum eigentlichen Gipfel...

Endlich sind wir am Kreuz angekommen - und damit stehen wir am zweithöchsten der Ötztaler Berge mit 3739 Metern Höhe.

Das Panorama ist - einmal mehr - hervorragend.

Wir genießen den windstillen Gipfel und freuen uns auf die anstehende lange Abfahrt.

Nachdem wir unsere Schenkel im steilen Gipfelhang zum Brennen gebracht haben, fahren wir wieder in das Hintereisjoch ein. Danach wird das Gelände flacher...

...und wir genießen die weiträumige Abfahrt hinunter zum Hochjochhospiz.

Das letzte Viertel der Abfahrt fällt dann wieder etwas ruppiger aus. Die niedrige Schneelage veranlaßt uns zu einem Slalom um Steine und Faulstellen am Bachgrund, ehe wir an der Brücke ankommen. Dort ist dann Schluß mit Skifahren - am Rucksack befestigt stapfen die Latten mit uns aus dem Bachgrund zum Hochjochhospiz hinauf.

Ein Blick zurück auf unseren Gipfel zeigt, wie lange die Abfahrt gewesen ist. Die Weißkugel ist der ferne schattige Berg am Horizont in der linken Bildhälfte.

Tags darauf steigen wir auf Schneeresten vom Hochjochhospiz an - und wieder schaut uns die Weißkugel zu.

Wir verlassen den Deloretteweg unterhalb des Kesselwandferners und halten uns eher links, um zu diesem hinaufzukommen. Auf der Gletscherfläche angekommen geht es dann unschwierig zum Fluchtkogel weiter.

Wieder einmal stehen wir auf dem angenehmen Gipfel und genießen die Aussicht.

Blick hinüber zur Weißseespitze über dem Kaunertaler Gletscherskigebiet.

Vom Fluchtkogel fahren wir problemloser als angenommen zur Vernagter Hütte ab - noch sind genügend durchgehende Schneebänder vorhanden.

Nach dem gemütlichen Aufenthalt auf der Vernagthütte geht es am nächsten Tag früh los. Wir wollen die Wildspitze anvisieren und fürchten den Andrang von Skitourengehern aus dem Pitztaler Skigebiet. Zunächst tragen wir für etwa 10 Minuten die Ski auf dem Rücken nach oben, ehe wir den Vernagtferner erreichen. Dort rutschen wir zunächst über Hartschnee an den tiefsten Punkt, bevor wir anfellen und den im Aufstiegssinne rechtsgelegenen kleinen Vernagtferner anpeilen.

Zwischen Petersenspitze und Hinterem Brochkogel führt dann der Weg steil in das Brochkogeljoch. Wieder kommen die Ski an den Rucksack, und dazu die Eisen an die Schuhe. Am kurzen Seil geht es nach oben, ehe wir an der Ausstiegsplatform ankommen, von welcher wir noch einmal die Spur über den kleinen Vernagtferner einsehen können. Außerdem stehen Similaun ganz links und Weißkugel ganz rechts Spalier.

Nun geht es zunächst gemächlich und wenig steil weiter. Wir passieren den Hinteren Brochkogel nordseitig, und schon baut sich das Tagesziel vor uns auf. Wir werden den felsigen Südgipfel der Wildspitze besteigen.

Nach dem Skidepot geht es unschwierig am kurzen Seil mit Steigeisen nach oben. Die Bedingungen sind schlechterdings optimal, und so stehen wir bald am Gipfel des zweithöchsten Berges Österreichs.

Etwa neun Jahre nach unserem ersten Besuch befinden wir uns wieder hier - diesmal jedoch im Rahmen einer Skitour. Außerdem überschreiten wir anders als damals die Wildspitze nicht zum Nordgipfel, sondern steigen wieder zum Skidepot ab. Eine Herausforderung steht uns nun noch bevor!

Irgendwie müssen wir ja nun hinunter nach Vent, wo die Autos auf uns warten... Wir wählen die Option Abfahrt über das Mitterkarjoch. Der schmale und steile Schneeschlauch fordert uns noch einmal alles ab, auch deswegen, weil aufgrund des niedrigen Schnees die schmalste Stelle nur noch auf etwa zwei Metern Breite weiß ist. Ich rutsche vorsichtig hindurch und klacke mit Skispitzen und -enden leicht an die felsigen Seiten. Gut, daß man heutzutage keine Skiungetüme mit mehr als zwei Metern Länge zu steuern hat...

Danach ist der Drops jedoch gelutscht, und wir fahren gemütlich an der geschlossenen Breslauer Hütte vorbei ab. Die kleine Skipiste hinunter nach Vent präsentiert sich in bestem Butterfirn, und wir genießen die letzten Schwünge bis zur Straße hinunter. Danach sitzen wir noch auf einen Kaffee im Hotel Vent zusammen und lassen die tollen Tage der Venter Runde Revue passieren. Perfektes Wetter, vier von vier Bergen bestiegen, und das ganze bei wirklich wenig Schnee und teilweise herausfordernden aperen Übergängen. Wir sind hochzufrieden - insbesondere mit unseren beiden Bergführern Andreas und Peppi, die uns dieses tolle Erlebnis möglich gemacht haben!

Etwas wehmütig geht es nach der Verabschiedung dann wieder zurück in das Tiefland Tirols und weiter nach Bayern. Eine wunderbare Zeit geht zu Ende!