Matthias Lepschi

  

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Ecuador 2019

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Nach der Nacht im bequemen Bett bringt uns der Bus am nächsten Tag an die Flanken des Chimborazo. An einigen Stellen sind die Ablagerungen des inaktiven Riesen aus Asche, Bims und Lava gut zu erkennen.


Am Straßenrand sind immer wieder Herden von Vikunjas zu sehen.


Vom Parkplatz auf 4900 Hm steigen wir am Nachmittag in ein Zeltcamp auf 5300 Hm auf. Dort sitzen wir meist in dichter Bewölkung im komfortablen Küchenzelt. Einen kurzen Moment jedoch reißt es auf, und wir können einen Blick Richtung Vorgipfel des Chimborazo werfen.


In der kurzen Nacht bekommen wir noch etwas Neuschnee geliefert. Die Zelte liegen unter einer dünnen weißen Decke in der mondhellen Nacht.

Gegen Mitternacht werden wir dann geweckt, und nach kurzem Frühstück beginnt der lange Aufstieg zum Gipfel des höchsten Berges in Ecuador. Am Anfang führt der Weg noch relativ abwechslungsreich an einem Felsriegel vorbei, überwindet im Anschluß eine kleine Steilstufe und mündet schließlich in den schier endlosen Gipfelhang. Wir bewegen uns gleichmäßig, aber anstrengend durch den schönen Mondenschein. Immer wieder geht der Blick nach oben, und immer wieder schaut der Hang noch genauso lang aus wie schon zehn Minuten zuvor. Der Aufstieg stellt große Anforderungen an mein Durchhaltevermögen, auch weil weiter oben die Schneedecke immer wieder unter mir nachgibt und ich bis zur Hüfte einbreche. Meine leichteren Bergkameraden schweben teilweise regelrecht über diese Passagen - ich (und ein weiterer etwas schwererer Leidensgenosse) haben diese Alternative nicht und müssen uns kraftraubend durchwühlen.


Beinahe am Ende der Kräfte erreichen wir um kurz nach sechs in der Früh dann den Veintimilla-Nebengipfel des Chimborazo. Endlich kann ich kurz innehalten, ein paar Bilder machen, etwas Kraft sammeln - und dann den letzten kurzen Weg zum Whymper-Hauptgipfel im Hintergrund des Bildes in Angriff nehmen.


Der ebene Abschnitt des letzten Wegstücks zwischen den beiden Gipfeln ist leider wieder ein Minenfeld in Bezug auf das hüfttiefe Einsinken. Nie werde ich vergessen, wie ich mich am Ende meiner Kräfte wieder einmal aus dem sumpfigen Schnee hochwühlen muß, während eine Reisekameradin leichtfüßig wie eine Gazelle an mir vorbeizieht (wobei die Zacken ihrer Steigeisen noch nicht einmal zur Gänze im Schnee versinken!) und dabei freudig und wortreich das schöne Wetter lobt!
Nach einer halben Stunde ist aber auch dieser Sumpf samt den letzten 50 Höhenmetern überwunden...


...und wir stehen am höchsten Punkt Ecuadors auf etwa 6250 Hm! Gleichzeitig sind wir an dem Punkt der Erde angelangt, welcher vom geometrischen Mittelpunkt am weitesten entfernt ist - sogar noch weiter als der Mount Everest.

Schnell legen wir die Daunenjacken an, um den geschätzen minus 15 Grad an Temperatur nicht zu lange ungeschützt ausgesetzt zu sein.


Der Blick ringsum schweift über Wolken, die von der Morgensonne rosa eingefärbt sind - und die wir von oben betrachten können. Das Tiefland darunter scheint unwirklich weit weg zu sein; wir befinden uns in einer anderen Welt!


Nach einer Viertelstunde auf dem Gipfel machen wir uns wieder auf den Rückweg. Dieser gestaltet sich relativ einfach und wenig anstrengend. So sehr wir uns im Aufsteg gequält hatten, so angenehm weich stapfen wir der Schwerkraft folgend nach unten. Mit der Morgensonne steigen auch sehr bald die Temperaturen über den Nullpunkt, und die Daune verschwindet wieder im Rucksack.


Auch die Felsformationen kommen im Licht schön zur Geltung.

Schon kurz nach neun Uhr befinden wir uns wieder im Küchenzelt im Camp und werden mit einem Stück Pizza für den Gipfel belohnt. Danach packen wir Schlafsack und Isomatte zusammen und steigen weiter zum Parkplatz ab, wo wir am Bus mit einem Bier auf den Chimborazo anstoßen. Mittlerweile sind natürlich die Sorgen und Bedenken, die uns vor und während des Anstieges heimgesucht hatten, verflogen, und es bleibt ein warmes Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit übrig - der vielbesungene Afterglow hat eingesetzt.
Wir steigen in den Bus, der uns noch am gleichen Tag bis nach Banos auf gerade mal 1900 Hm an den Rand des ecuatorianischen Tieflands bringt. Dort essen wir noch zu Abend und fallen hundemüde ins Bett.


Am nächsten Morgen fahren wir in tropischer Umgebung (und größtenteils in kurzen Hosen) von Banos aus den Pastaza nach unten. Der Fluß hat sich tief in die vulkanische Landschaft eingegraben und dabei interessante Basaltformationen freigelegt.


Mehrmals kommen wir an kleinen Seilbahnen vorbei, die uns Touris die Möglichkeit bieten, über den Abgrund hinweg auf die andere Talseite zu schweben. Natürlich probieren wir das aus - und bekommen dabei spektakuläre und sehr luftige Ausblicke auf einen der Wasserfälle von den Talseiten, samt Regenbogen!


Anschließend unternehmen wir einen schönen Spaziergang zum Pailon del Diablo, dem Kessel des Teufels. Hinter der wilden Bezeichnung verbirgt sich der tatsächlich genauso wilde Wasserfall, mit dem der Rio Verde spektakulär in den Pastaza zufließt.


Direkt am Zusammenfluß lädt eine schön angelegte Aussichtsplatform zum Bestaunen der Kaskade ein.


In der Nähe des Wasserfalls ist die Luft erfüllt von Gischt - durchaus angenehm bei den tropischen Temperaturen. Es ist schon verrückt, daß wir vor nur etwas mehr als 24 Stunden in der eisigen Kälte auf dem Gipfel des Chimborazo gestanden waren, und nun schon wieder schwitzen müssen!


In einer schattigen Dschungel-Bar in der Nähe des Pailon gönnen wir uns frisch gepreßte Araza- bzw. Maracuja-Säfte. Ich werde in Europa die südamerikanische Vielfalt an Früchten und Säften schmerzlich vermissen...


Nach dem Ausflug an den Wasserfall geht es zurück nach Banos. Wir schlendern durch den am Tourismus orientierten, aber trotzdem netten Ort am Fuß des immer mal wieder aktiven Vulkanes Tungurahua und essen zu Mittag.


Auf der Gastronomie-Meile von Banos knipse ich nebenstehndes Schild. Wie wahr ;-)


Mural in Banos


Am Nachmittag beginnt die Rückfahrt nach Quito; der Urlaub neigt sich langsam dem Ende zu. Auf halbem Weg präsentiert sich der Cotopaxi noch einmal wolkenfrei, so als wollte er uns Spalier stehen und uns eine gute Heimreise wünschen.

In einem letzten gemeinsamen Abendessen lassen wir die schöne Reise noch einmal Revue passieren, ehe es dann früh am nächsten Morgen für zwei aus unserer Gruppe auf die Galapagos-Inseln weitergeht, während die anderen dann im Laufe des Tages zu ihren entsprechenden Flügen zurück nach Europa an den Flughafen gebracht werden. Unser Flieger hebt gegen 22:00 Uhr Ortszeit ab; etwa 12 Stunden später betreten wir in Paris wieder europäischen Boden. Drei Stunden später schließlich hat uns die bayrische Hauptstadt wieder.



Wieder einmal ist eine großartige Reise zu Ende gegangen!