Matthias Lepschi

  

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Unteres Dolpo in Nepal 2022

Namaste!

Lange haben wir darauf gewartet, nun ist es endlich wieder soweit - ab geht es in den Himalaya. Nach der exzellenten Reise ins obere Dolpo vor vier Jahren haben wir die Möglichkeit, im Rahmen einer Trekkingtour auch das untere Dolpo kennenzulernen. Neben dem eigentlichen Trekking ist auf der Tour auch die Möglichkeit gegeben, mit dem Mukot Peak einen kleinen Sechstausender mitzunehmen, ehe es dann über zwei hohe Pässe in das Gali-Gandaki-Tal zurückgehen soll. Das Paket klingt hervorragend, wir lassen uns mit leuchtenden Augen auf diese interessante Reise ein.

Wie sich herausstellen wird, verhindert der Wettergott, daß die Reise nach diesem Plan durchgeführt werden kann - ein Schicksal, daß wir übrigens mit den meisten anderen Trekkingtouren in Nepal teilen. Eine heftige einwöchige Schlechtwetterfront wird uns dazu zwingen, die Vorhaben zu ändern; dazu dann an passender Stelle mehr...

Zunächst aber reisen wir von München aus mit einem Zwischenstop in Doha bequem nach Kathmandu an und akklimatisieren uns am ersten vollen Tag in der Stadt traditionell mit dem Besuch von Swayambunath in den Morgenstunden.


Am Fuße der Treppen zur Tempelanlage erwartet uns der Buddha Shakyamuni. Wir steigen die Stufen gemütlich nach oben - endlich sind wir wieder einmal hier!


Die Stupa glänzt in der Morgensonne.


Die Schäden des Erdbeebens sind mittlerweile komplett repariert.


Die Höhenwolken tauchen die Szene in eine besondere Stimmung.


Nach der Runde um die große Stupa geht es wieder hinunter.


Natürlich macht Swayambunath seinem zweiten Namen Monkey Temple alle Ehre; wir sehen wieder einmal einige drollige Szenen. Säugende Äffin am Tempelrand


Nickerchen auf dem Papa

Ins Dolpo


Am späten Nachmittag beginnt dann der lange und bekanntermaßen lästige Anlauf von Kathmandu bis ins Dolpo. Ein direkter Flug von Kathmandu zum Ausgangspunkt des Trekkings in Juphal im Dolpo ist aufgrund der großen Entfernung nicht möglich. Daher ist erst einmal ein Transfer zu einem etwas weiter im Westen gelegenen Flughafen nötig, konkret einem kleinen Ort nicht weit von der Grenze zu Indien entfernt: Nepalgunj. Der Flieger von Buddha Air setzt uns also des Abends in die indische Tiefebene hinab nach Nepalgunj ab, wo uns - auch das kennen wir schon von vergangenen Reisen - schwüle Temperaturen knapp unter 40 Grad erwarten. Immerhin werden wir zur unvermeidbaren Übernachtung ins bestens klimatisierte Starlight Hotel gebracht - eine willkommene Abwechslung zum Vergleich zu den billigen Absteigen bei den letzten Aufenthalten hier!


Am nächsten Morgen geht es nach einem sehr frühen Start in den Tag mit einer etwas kleineren Zweimotorigen von Summit Air weiter nach Juphal.


Über den Vorbergen des Himalaya atmen wir wieder frischere Luft als in Nepalgunj; die Vorfreude auf das Wandern steigt!


Wir setzen wohlbehalten auf der kleinen Landebahn in Juphal auf etwa 2700 m auf. Nun kann endlich das Trekking beginnen! In Juphal erwarten uns mit Blumen geschmückte Häuser - es ist die Zeit des Dashain-Festes in Nepal. Viele Nepali sind ihrerseits unterwegs und besuchen Verwandte und Freunde.


Von Juphal aus verläuft der altbekannte Weg hinab nach Paranga durch die Maisfelder.


Die Siedlung ähnelt einem Bienenstock; bereits beim letzten Besuch war ich faziniert von dem quirligen Leben in diesem "Bau"


Mutter und Tochter im Gespräch auf dem Dach - oder der Terrasse, je nach Blickwinkel. Die Tochter lehnt auf den geschnitzten Repräsentanten des örtlichen Schutzgottes; noch herrscht nicht der tibetanische Religionsraum vor. Die Ernte ist großteils eingebracht, die Maiskolben sind zum Trocknen aufgehängt.


Die Dame überlegt, welche der beiden Baumstamm-Treppen sie wohl nehmen soll. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit vorausgesetzt.


Chilischoten auf den Feldern. Wir sehen die scharfen Früchtchen in den folgenden Tagen noch des Öfteren bei der Trocknung auf Hausdächern.


Überquerung des Rup Gad Khola, eines Seitenflusses des Thuli Beri.


Am Abzweig zum Suli Gad Canyon. Hier geht es - märchenhaft schön! - hinauf zum Phoksundo-See. Vor vier Jahren waren wir an dieser Stelle aus anderer Richtung zurück gekommen...


Wir durchqueren eine erste Doppelchörte - der buddhistische Kulturkreis rückt näher.


Entsprechende Malereien im Inneren des Gebäudes


In Dunai, dem Endpunkt der heutigen Etappe, sehen wir diesen aufgetakelten Traktor. Schmuck zum Dashain-Fest.


Der Besuch der Gompa von Dunai steht natürlich auf dem Programm. Die Gebetsfahnen flattern im Wind.


Padmasambhava sitzt mit strengem Blick auf die Besucher am Altar.


Butterlichter




Wir wandern auch noch zur dahinterliegenden Bön-Stupa weiter. Diese erstrahlt mittlerweile in frischem Glanz.


Dunai liegt hübsch am Thuli Beri; zwei Hängebrücken verbinden die beiden Flußseiten.


Am nächsten Tag geht es in aller Pracht am Thuli Beri entlang.


Wanderer, was willst du mehr?


Chilischoten in Trocknung


Im Rückblick wird die Steilheit der Schlucht deutlich. Immer wieder müssen die Wege instand gesetzt werden, weil sie durch Felssturz oder vom Fluß zerstört worden sind.


Das Dach ist rot vor Chilischoten.


Rassige Wege hoch über dem Fluß.


Am Wegesrand werden wir immer wieder von Kindern begutachtet; die Kleinen freuen sich über die Abwechslung, die ihnen die Langnasen bringen. Die Freude ist gegenseitig!


Eine von vielen Hängebrücken, die wir in den nächsten Wochen überqueren werden.


Am dritten Tag erreicht uns nach einem schönen Lager in Lingdo eine Schlechtwetterfront - und zwar eine gewaltige, wie wir die nächsten Tage leidvoll erfahren müssen. Wir packen die Regensachen aus und laufen weiter...


Kurz vor Laisicap; auch diese Stupa kennen wir noch von der letzten Dolpo-Reise.


Bei Laisicap entkommen wir dem strömenden Regen zumindest für die Mittagspause. In einer kleinen Zelt-Gaststätte kauern wir um den wohligen Ofen und genießen eine wunderbare Nudelsuppe. Der Hauskater sitzt in unserer Mitte direkt am Ofen und genießt die Wärme genauso wie wir.


Danach geht es wieder weiter im Regen. Wir verlassen die Strecke, die wir vor vier Jahren gegangen sind, indem wir dem Bharbung Khola nach Osten folgen - seinerzeit waren wir in die Schlucht des Tarap nach Norden Richtung Dho weitergegangen. Nur aber überqueren wir den Bharbung zunächst zur Nordseite hin über die stabile Brücke im Bild, kurz danach geht es wieder auf die Südseite zurück - durchaus ungut, wie ein paar Minuten später klar wird.

Nicht weit hinter der zweiten Brücke rumpelt es mit einem Mal gewaltig, und uns fällt das Herz in die Hosen, so wie die Felsbrocken neben uns auf den Pfad. Über uns hat der durchnäßte Hang an einer Schwachstelle nachgegeben, und es gibt minutenlangen Steinschlag. Ein Teil der Gruppe sprintet nach vorne aus dem Gefahrenbereich hinaus, der andere Teil weicht erst einmal schleunigst zurück. Nach ein paar Minuten Abwarten machen wir im hinteren Teil einen neuen Versuch - nur um direkt wieder von erneutem Steinschlag vertrieben zu werden. Wieder warten wir eine Weile ab. Mittlerweile bekommen wir von den Kameraden auf der anderen Seite Handsignale, daß es nun gehen könnte. Neuer Versuch, dieses mal im Einzel. Ich schaue meiner Frau noch einmal tief in die Augen, bevor sie über die knapp 100 Meter lossprintet. Es geht gut - gottseidank. Nach einer gewissen Zeit folge ich über den blockigen nassen Pfad, ebenfalls im Sprint. Ich schaue nicht mehr nach oben, sondern versuche einfach, die Strecke so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. So rausche ich auch an unserem Bergführer Werner vorbei, der von einer sicheren Stelle zwischen zwei Steinschlagrinnen aus die Situation im Auge behält und uns hindurch winkt oder gegebenenfalls kurz in die sichere Position lotst. Völlig außer Atem komme ich auf der anderen Seite an und kann im Ausschnaufen erleben, daß es auch die anderen Reisekameraden hinter mir unbeschadet über die Stelle schaffen. Welch eine Erleichterung - gleichzeitig aber auch eine ernüchternde Botschaft: Der anhaltende Regen macht die Wanderung sehr riskant, und wir erleben in nächster Zeit immer wieder Steinschläge, wenngleich auch - und dafür sind wir sehr dankbar - in größerer Entfernung.


Kurz vor unserem nächsten Lagerplatz der Blick zurück. Wir sind größternteils auf der im Bild linken Schluchtseite gewandert; der Steinschlag hat sich an der Steilstelle hinten links an der Sichtgrenze ereignet.


Wir erreichen unseren Lagerplatz - von dem wir noch nicht wissen, daß er uns die nächsten drei Nächte erhalten bleiben wird. Die Schlechtwetterfront hält leider an, und wir bekommen bald von unseren Trägern Abflußdrainagen um die Zelte gezogen. Wenigstens ist der Untergrund sandig, so daß das viele Wasser zumindest leidlich schnell im Boden versickert.

Auf der gegenüberliegenden Talseite rumpelt es im Viertelstundentakt. Immer wieder rauschen mehr oder weniger große Felsladungen einer steilen Reise entlang nach unten auf einen großen Schuttkegel. Hoffentlich bleibt das alles auf der anderen Seite...


Neben dem Lagerplatz finden sich zwei feste Behausungen. Bei der Ankunft können wir uns an einem der dortigen Öfen etwas Wärme verschaffen.


Das Wetter zuckert die oberen Regionen um etwa 4000m weiß an; die unteren Regionen liegen dafür im mehr oder weniger starken Dauerregen. Wir werden im Nachgang des Trekkings erfahren, daß der Schlechtwettereinbruch in ganz Nepal für Chaos gesorgt hat; mehr als Tausend Trekker sitzen auf quasi allen etwas höheren Routen tagelang fest. Außerdem sterben durch Murenabgänge und Lawinen einige Menschen; auch das Basecamp eines Achttausenders wird erwischt.

Bald schon kommen - wie befürchtet und erwartet - die schlechten Botschaften bezüglich der Wege herein. Muren und Felsstürze haben den Weiterweg an zwei Stellen etwa eine Stunde weiter talaufwärts vernichtet. Unsere Träger müssen versuchen, die Passagen wieder notdürftig herzurichten. Nicht nur wir Wanderer, sondern auch unsere aus etwa fünfzehn Maultieren bestehende Lastkaravane müssen ja irgendwie über die ausgesetzten Stellen weiterkommen können. Mit dem eigentlichen Plan, den Mukot Peak besteigen zu können, schließen wir vor den herrschenden Wetterverhältnissen kurz und schmerzlos ab. Wir müssen davon ausgehen, daß in der Höhe Neuschneemassen niedergehen, die ein solches Unternehmen unmöglich machen. Die spannenden Frage zielt eher in die Richtung, ob und wenn auf welcher alternativen Route wir überhaupt das Trekking zum geplanten Endpunkt leiten können. Die ursprünglich geplante Paßüberschreitung auf einer Höhe von 5600 m versinkt ja auch im Neuschnee. Nach längerer Diskussion kristallisiert sich die Route am Bharbung Khola hinauf bis nach Chharkabhot als möglicher Alternativkandidat heraus. Hinter Chharkabot würde diese über den 5200 m hohen Niwar Pass laufen, und von dort über einen Muli-Pfad den Bheri Khola hinab. Wir erfahren, daß einer unserer Träger diese Strecke bereits einmal gegangen zu sein scheint.
Ich bin dennoch skeptisch, ob eine Fortsetzung des Trekkings überhaupt Sinn macht. Wer kann schon garantieren, daß die alternativen Wege noch in gutem Zustand sind, und nicht auch durch den Regen zerstört worden sind? Und kann man sich sicher sein, daß der "niedrige" Niwar-Paß überhaupt passierbar ist? Die Gleichungen enthalten viele Unbekannte, und die Entscheidung zum Weitergehen setzt eine gehörige Portion Optimismus voraus.

Zunächst aber sitzen wir erst einmal fest; wir können nicht vor und nicht zurück. Uns bleibt nur übrig, geduldig im Zelt zu warten und sich nicht durch das ständige Regenprasseln und das Rumpeln der Felsstürze wahnsinnig machen zu lassen. Immerhin heitert uns unsere exzellente Küche auf, die uns mit Momos und Pizza eine Lächeln ins Gesicht malt. Ich bin immer wieder beeidruckt, welch tolle Speisen auf solch einer Trekkingtour unter härtesten Bedingungen herbeigezaubert werden - Hut ab!


Nach der dritten Nacht im gleichen Lager kommt die erlösende Nachricht: Die Wege sind wieder repariert und passierbar. Wir brechen auf und sind froh, endlich wieder aktiv werden zu können. Bei leichtem Regen überqueren wir wenige Meter hinter dem Lager die Hängebrücke über den Musi Khola, einem Seitenfluß des Bharbung, und wandern dann auf der steilen rechten Seite des letzteren weiter. Bald können wir die reparierten Stellen in Augenschein nehmen - mit einem leichten Gefühl des Gruselns... Unter den ausgebesserten Steigen geht es etwa 40 Meter zum Fluß nach unten, und ich bezweifle, daß man einen Ausrutscher dort hinab noch anhalten könnte.


Auch unsere Muli-Karavane muß diese Stellen überwinden. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie nahe die beladenen Tiere mit etwa einem knappen Meter Breite am Sturz nach unten sind - hoffentlich geht das alles gut!


Immer wieder kommen wir an Stellen vorbei, an denen der großflächige Abbruch des Geländes sichtbar wird. Das Wasser hat hier ganze Arbeit geleistet; der Bharbung ist grau von den in ihn gespülten Gesteinsmassen.


Etwas weiter talaufwärts müssen wir eine weitere haarige Stelle überwinden - immerhin sind hier aber die kleinen Brücken an der fast senkrechten Wand erhalten geblieben und bedurften keiner Reparatur. Wir gehen konzentriert über die Verbauungen und den aus dem Fels gehauten Schlußteil.


Unmittelbar danach führt der Weg steil hinab zu einer Hängebrücke. Wir überqueren das relativ neue Konstrukt mit gutem Gefühl und schaudern beim Anblick der alten Holzbrücke direkt daneben.


Vor vier Jahren mußten wir eine Brücke dieser Qualität tatsächlich zwingend passieren - diesesmal sind wir froh, eine sichere Alternative zu haben.


Vor unserem nächsten Tagesziel Kakkotgaon weitet sich das Tal wieder etwas auf.


Wir passieren - wie über das ganze Trekking hinweg - schlechterdings phantastische Gesteinsformationen. Es ist unbeschreiblich, was für das Auge hier im Dolpo geboten ist. Auch bei schlechtem Wetter kann man sich eigentlich nur staunend durch diese Wunderlandschaft bewegen.


Schmale Passage am Ufer kurz vor Kakkotgaon. Wir haben Glück, daß der Weg noch nicht weggespült wurde.


Gewaltige Bäume vor mehreren Wolkenebenen - die Szenerie könnte einem alten chinesischen Gemälde entsprungen sein.


Unsere heutige Lagerstelle liegt in einem Schulkomplex; wir dürfen die Zelte dankenswerterweise im großen Schulhof aufschlagen. Das Abendessen bekommen wir in einem freien Raum des Gebäudes serviert (und ich gönne mir zur Feier des Tages sogar ein Bier, welches ich im Dorf auftreiben konnte).
Ich unterhalte mich mit einem der Lehrer; die Schule wird von etwa 150 Schülern besucht, von denen die Hälfte auch in der Schule wohnen und verpflegt werden. Die jüngsten der Schüler sind vier Jahre alt, die ältesten 16. Von Dezember bis März ist die Schule geschlossen.


Meine Frau und ich nutzen das freundliche Angebot, in einem Zimmer der Schule übernachten zu können. Eine willkommene Abwechslung zum Zelt, und darüber hinaus eine gute Gelegenheit, sich auszubreiten und ein paar Dinge zu trocknen (naja, nennen wir es zumindest einen Versuch, etwas zu trocken - immerhin wird es nicht noch nässer).

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